Stadtratswahlen Luzern 2016
5 Fragen und 50 Antworten - Die Kandidatinnen und Kandidaten für den Luzerner Stadtrat nehmen Stellung
Wir haben allen Kandidatinnen und Kandidaten 5 Fragen zu Themen im Hirschmatt-Neustadt-Quartier zugestellt. Bis auf ein Kandidat haben uns alle geantwortet.
Die Antworten sind nach Nachname abwechselnd pro Frage von A-Z respektive von Z-A aufgelistet.
Wirtschaft
Das Hirschmatt-Neustadt-Quartier hat einen tollen Branchenmix und eine lebendige Gastroszene. Diverse Faktoren wie Online-Shopping oder die Mall of Switzerland fordern das Gewerbe heraus. Wie werden Sie sich als Stadträtin/Stadtrat für eine lebendige Innenstadt einsetzen?
Beat Züsli, SP
Mir ist der Kontakt zum Gewerbe und den Bewohner/innen wichtig. Der frühzeitige Einbezug bei wichtigen Entscheidungen führt zu besseren und breiter abgestützten Massnahmen. Zudem soll sich der Stadtrat auf regionaler Ebene stärker für gleich lange Spiesse (z. B. Verzicht auf Gratisparkplätze bei Einkaufszentren) einsetzen.
Peter With, SVP
Einer der Hauptgründe für die Abwanderung der Kundschaft ist die schwierige Erreichbarkeit der Stadt. Die Mall of Switzerland wird über 1'500 günstige Parkplätze in der Nähe eines Autobahnanschlusses zur Verfügung stellen. Dieser Herausforderung muss sich auch die Stadt stellen.
Es müssen ausserhalb des Stadtzentrums Parkmöglichkeiten geschaffen werden (z. B. die Parkhäuser Musegg oder Metro), um die Innenstadt nachhaltig vom Verkehr zu entlasten. Dabei müssen aber auch die Oberflächenparkplätze bestehen bleiben, damit auch Kunden mit grösseren Transporten oder Gehbehinderte eine Parkmöglichkeit finden.
Karin Stadelmann, Junge CVP
Das Neustadt-Quartier ist für mich ein gelungenes Beispiel, wie Anwohnende, Gastronomie und Einzelhandel nebeneinander existieren können, Vielfältigkeit sich verankert hat und verschiedene Kundenbedürfnisse angesprochen werden. In einer Mall oder beim Online-Shopping glaub ich kaum, dass ein vergleichbares Genuss- und Shoppingerlebnis an der frischen Luft erlebt werden kann, wie es unsere „Lozärner“ Innenstadt zu bieten hat.
Stärken und übertragen wir dieses Erfolgsmodell in andere Teile der Innenstadt. Überzeugen wir auch den Tourismus davon, dass es in der gesamten Innenstadt viel zu entdecken gibt.
Ruedi Schweizer, perteilos
Die Mall of Switzerland wird leider im Rontal im Verkehr stecken bleiben und zu einer Wüste aus Beton verkommen. Am Anfang fahren viele dem Vergnügen nach, es gibt viele Beispiele, dass diese Einkaufstempel dem Charme von der Neustadt unterlegen sein werden. Angst von solchem Grössenwahnsinn soll man keine haben. Zentralistisch geführte Gebilde sind auf die Dauer nicht tragbar, unabhängige dagegen haben immer eine Zukunft.
Für viele Läden kommt aber das Aus, weil ein erhöhtes Überangebot vor allem im Kleidungsbereich vorhanden ist mit Preisnachlässen von über 50% und mit den hohen Mieten ist es für die Ladenbetreiber fast nicht mehr zum überleben. In diesem lebhaften Quartier ist es auch wichtig nach Bedarf Geschäfte zu betreiben, so verhindert man ein Überangebot, die Preise und die Löhne bleiben stabil.
Bei Leitungsarbeiten wie sie jetzt geschehen und den Geschäften klare Einbussen bringen ist es wichtig, die Bewohner der Stadt zu animieren im Ort des Geschehens einzukaufen. Auch kann ein Fonds eingeführt werden den die Ladenbetreiber stützt wenn diese in Notlage geraten. Als Stadtpräsident werde ich auf die Papeterie Linsi Rücksicht nehmen, es reicht wenn die Papeterie Donnini die Segel streichen musste. An der Taubenhausstrasse war eine Salzgrotte eingemietet und war ein willkommene Abwechslung im Angebot des Erholungsgewerbe, es wäre gut wenn man in der Neustadt neue Möglichkeiten schafft. Noch besser ist es eigene Modelabel gleich in der Neustadt zu gestalten und Vorort zu verkaufen, statt tonnenweise Kleider zu importieren. Hilfe zu Selbsthilfe ist gefragt, jetzt wo die Arbeitsstellen in der Industrie reihenweise wegfallen. Die Quartiere haben zuwenig Handwerksbetriebe und diese müssen von aussen in die Stadt fahren, das fördert den Verkehr und ist für Mensch und die Umwelt schlecht. Mit der Tribschenstadt-Entwicklung im Jahre 1999 haben wir zu Gunsten des Wohnens und des Verwaltens die Handwerker vertrieben, das büsst die Stadt Luzern schon lange.
Heute müssen die Handwerker von der Peripherie in die Stadt fahren, was in den letzten Jahren zu mehr Verkehrsaufkommen führte. Daher ist es für mich wichtig, dort ein Augenmerk hinzuwerfen um in der Nähe des Geschehens die Handwerker wieder anzusiedeln.
Stefan Roth, CVP, Stadtpräsident, bisher
Ich will die Luzerner Innenstadt attraktiv erhalten. Sie muss mit dem ÖV aber auch mit dem Auto gut erreichbar bleiben. Der Detailhandel benötigt deshalb ein angemessenes Parkplatzangebot. Der öffentliche Raum muss weiter an Aufenthaltsqualität zulegen. Die sanfte Umgestaltung des Hirschmattquartiers im Zuge der Leitungssanierungen zeigt den zukunftsfähigen Weg auf.
Die Regulierungsdichte für Aussenveranstaltungen muss überprüft werden. Meines Erachtens sollen die Läden zumindest am Samstagnachmittag die Möglichkeit haben, länger geöffnet zu bleiben. Es entspricht einem zunehmenden Kundenbedürfnis, flexibler einzukaufen. Der Online-Handel kennt keine Ladenöffnungszeiten.
Martin Merki, FDP, bisher
Vor 20 Jahren begann in der Stadt Luzern eine Entwicklung, die Kultur, Lebensfreude und Wohnlichkeit in die Innenstadt brachte. Nach der Aufschütti entstand das Helvetiagärtli, dann wurden Mühlenplatz und Vögeligärtli aufgewertet. Über die Altstadt hinaus und vor allem auch im Hirschmatt-Quartier entstanden neue Orte für Begegnungen und Gemütlichkeit.
Nun bietet sich eine neue Chance für die Stadtentwicklung, unter anderm am Schwanenplatz, hinter der Jesuitenkirche und am St. Karliquai. Mit dem Parkhaus Musegg kann die Altstadt als Einkaufs- und Aufenthaltsort gestärkt und der Mall of Switzerland die Stirn geboten werden. Aufgewertet werden kann auch die Bahnhofstrasse. Wichtig sind zudem gute Rahmenbedingungen. Dazu gehören unter anderm eine konstruktive Bewilligungspraxis und eine Lockerung der Ladenöffnungszeiten.
Sina Khajjamian, Junge Grüne
Es gibt verschiedene Lösungen, um das Gewerbe in der Innenstadt zu fördern. Die freie Marktwirtschaft ist hart und nur wer innovativ ist, kann überleben. Dementsprechend muss die Stadt Innovationen fördern und sich z. B. zu Kleinstprozenten finanziell an die Stadtluzerner Start-ups beteiligen und ihnen auch günstige Büroräume zur Verfügung stellen.
Zudem kann die Stadt auch Subventionen in Investitionen für das Gewerbe erbringen. Ein weiterer Ansatz wäre VermieterInnen zu fördern, die ihre Liegenschaften an regionale Klein- und Jungunternehmen zu günstigen Mietpreisen vermieten.
Manuela Jost, GLP, bisher
Es gilt, sich auf die eigenen Qualitäten und Stärken zu besinnen. Was macht das Einkaufen im Hirschmatt Neustadt-Quartier aus? Was können Online-Shopping und die Mall of Switzerland nicht bieten?
Es ist das sinnliche Erlebnis, die Produkte anzufassen und sich in einer echten Welt zu bewegen, die historisch gewachsen ist. Ich setze mich in diesem Umfeld von architektonischer Qualität für attraktive Rahmenbedingungen ein, indem ich mithelfe
a) über bauliche Massnahmen und Neugestaltung des Strassenraums einen ansprechenden Ort zu schaffen.
b) über den gut ausgebauten öffentlichen Verkehr und attraktive Langsamverkehrswege die Erreichbarkeit der Neustadt zu optimieren und die Zugangswege über Park & Ride attraktiv zu gestalten.
c) die Steuern fürs Gewerbe attraktiv zu halten.
d) über liberalisierte Ladenöffnungszeiten den Spielraum der Szene zu erhöhen.
Ich setze mich mit zukunftsorientierter, liberaler und urbaner Haltung für das Luzerner Gewerbe und eine lebendige Innenstadt ein.
Yannick Gauch, JUSO
Das Gewerbe ist angewiesen auf zahlbare Räumlichkeiten, auch im Stadtzentrum – für solche möchte ich mich als Stadtrat stark machen. Zudem sind Zwischennutzungen ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor, die eine Basis für Start Up Unternehmen schafft.
Solche junge Unternehmen können zum Beispiel im Neubad starten und später, wenn sie eine finanzielle Grundbasis aufgebaut haben, auch ausserhalb dieses Hauses wirtschaften und ihre, teils sehr innovativen, Ideen verwirklichen. Die Stadt sollte sich engagieren, dass nach dem Neubad ein ähnliches Projekt lanciert werden kann.
Durch die ewige Zwängerei zu den Ladenöffnungszeiten, machen bürgerliche Kräfte das kleine und mittlere Gewerbe konkurrenzunfähig. Ein kleiner Laden hat grosse Schwierigkeiten, gegen eine nationale Kette zu überleben, wenn jeder so lange geöffnet haben kann, wie er will. Ich bin klar gegen die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten.
Adrian Borgula, Grüne
Als Hauptaufgabe sehe ich einerseits die zuverlässige Erreichbarkeit und andererseits die Steigerung der Aufenthalts- und Lebensqualität, die für die lebendige Innenstadt absolute Schlüsselgrössen sind und sich von Shopping Zentren deutlich abheben.
Mit der Gesamtsanierung Hirschmatt, einem der wichtigsten Projekte aus meiner Direktion, verfolgen wir dieses Ziel. Besonders in urbanen Räumen ist die Qualität des öffentlichen Raums entscheidend. Stichworte dazu sind: Raum zum Verweilen (inkl. Sitzbänke), zum Treffen, zum Einkaufen, für Boulevard-Gastronomie, angenehme, belebte Aussen-Atmosphäre, Sicherheit im Aufenthalt und im Verkehr, barrierefreie Zugänge, wenig Hektik, angepasste Mobilität mit geringen Immissionen, keine übermässige und zu laute „Eventisierung“, eine gute „Durchgrünung“ mit Stadtbäumen und Grünanlagen und ausreichend Kinderspielplätze.
Für die guten Rahmenbedingungen für die Wirtschaftsentwicklung, für die die Stadt sorgen muss, gehört auch ein gutes Bildungs- und Kulturangebot und gute, kundenfreundliche Dienstleistungen. Schliesslich ist es wichtig, den Kontakt mit den ansässigen Firmen gut zu pflegen.