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Moosstrasse

Das hässlichste Haus des Quartiers?

Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Viel mehr ist zur Entlastung des Hauses an der Moosstrasse 15 nicht vorzubringen. Es ist das wohl hässlichste Gebäude im Hirschmattquartier. Und zu seinem Äusseren passt auch seine Entstehungsgeschichte.

An der Moosstrasse 15 war die legendäre Music Hall Mascotte untergebracht. Das Haus war das erste Anlageobjekt des Immobilienspekulanten und Spar- und Hypothekenbank-Pleitiers Ralph Schmid. Er hatte es 1961 selber entworfen. Gut zu sehen ist die reduzierte Geschosshöhe. Dort, wo das Nachbarhaus auf drei Geschosse kommt, sind es im Mascotte-Haus vier.

Erbaut wurde es 1961 von Ralph Schmid, dessen spektakuläre Geschichte fast dreissig Jahre später mit dem Zusammenbruch der Spar- und Hypothekenbank Luzern (an der Hirschmattstrasse 28) endete. Schmid gehört zu den grössten Pleitiers der Schweizer Geschichte.

Der gelernte Konditor und Sohn eines Hoteliers in St. Moritz verdiente sein Geld mit Immobilien, an der Börse und als Banker – „nicht selten auf Kosten seiner Partner“, wie die „Bilanz“ im Jahr 1999 schrieb. Das Wirtschaftsmagazin hatte sein Vermögen noch 1989 auf 300 bis 400 Millionen Franken geschätzt. Nicht einmal ein Jahr später, am 9. April 1990, krachte seine Spar- und Hypobank, die er als Drehscheibe für seine Finanzgeschäfte genutzt hatte, zusammen.

Schmid lebte damals in Monaco, wo er seit den Sechzigerjahren bereits sein Steuerdomizil hatte. Schmid kooperierte bei der finanziellen Aufarbeitung der Pleite und zahlte seine persönlichen Schulden in Höhe von 22 Millionen Franken zurück. Dennoch konnte das Liquidationsverfahren erst 2012 abgeschlossen werden. 89 Prozent der Forderungen der nichtprivilegierten Gläubiger waren gedeckt. Gerüchteweise soll Ralph Schmid (Jahrgang 1928) vor einigen Jahren in die Schweiz zurückgekehrt sein.

Schmid hatte den Neubau an der Moosstrasse 15 als sein erstes Anlageobjekt erstellt. Er zeichnete auch als Architekt verantwortlich. Verfasst wurde das Projekt von einem Angestellten seiner Firma. Architektonisch fällt das Haus nicht nur seiner halbrunden Form wegen aus dem Rahmen.

Es wirkt gedrungen, weil Schmid die Raumhöhen der Wohngeschosse auf 2,40 Meter reduzierte und damit innerhalb der erlaubten Gebäudehöhe von 18 Metern ein Vollgeschoss mehr einfügte als bisher, als in den Nachbarhäusern und als es das damalige Baugesetz erlaubte. Prompt kam es zu einer Interpellation (des nachmaligen Stadtrates Bruno Heutschy) im Grossen Stadtrat, der an der Rechtmässigkeit der Baubewilligung zweifelte. Seit Jahren war es in Luzern gängige Praxis, ausschliesslich die Gebäudehöhe, nicht die Geschosszahl als massgebend zu berücksichtigen.

Allerdings stützte sich diese Praxis auf die regierungsrätlichen Verordnungen gegen die Wohnungsnot. Diese stammten aus den Jahren 1919 und 1943, und auf Bundesebene waren die entsprechenden Massnahmen bereits 1947 aufgehoben worden. Der Stadtrat hielt an der Bewilligung fest und verwies darauf, dass sich die niedrigen Raumhöhen in wohnhygienischer Sicht nicht nachteilig ausgewirkt hätten. 1966 wurde die Praxis mit dem neuen Baugesetz legalisiert.

Bild aus dem Luzerner Tagblatt vom 23. März 1962: Es zeigt die Music Hall im Untergeschoss des Mascotte, von der das Tagblatt schreibt, dass sie „im Gegensatz zum darüber liegenden Tagesrestaurant betont modern möbliert“ sei. Wobei der Begriff „modern“ erfreulicherweise gleichbedeutend mit „bequem“ sei.

Flyer von 1966. Der Eintritt mit Konsumation kostete damals 5.20 Franken.

Bekannt war das Mascotte-Haus vor allem bei den jungen Luzernern. Im Untergeschoss des Tea-Rooms befand sich die Music Hall, wo lokale, aber auch internationale Bands auftraten. In den Sechzigerjahren war es neben dem Casino, dem Bristol und dem Hazyland das wohl beliebteste Musik- und Tanzlokal in der Stadt Luzern.

Heute wird das Gebäude als Wohnhaus mit möblierten und bewirtschafteten 1- und 2-Zimmer-Wohnungen genutzt.